Die Denkmalpflege eruiert und bezeichnet Orte und Gebäude, welche als schützenswertes Kulturgut erhaltenswert sind. Diese Arbeit verrichtet sie unter absoluter Transparenz gegenüber der interessierten Öffentlichkeit. Auf Bundes-, Kantons- sowie Gemeindeebene werden von der Denkmalpflege Inventare erstellt, die schutzwürdige Objekte bezeichnen. Was in einem Inventar vermerkt ist, darf je nach Status entweder gar nicht, nur beschränkt oder erst nach genaueren Abklärungen verändert werden. Die Inventare des Kantons Zürich sowie der Städte Zürich und Winterthur sind im Internet abrufbar. Mit ein paar Klicks lässt sich beispielsweise ermitteln, dass die «Liegenschaft AA4163» ein «potenziell schutzwürdiges Objekt» mit kommunaler Bedeutung für die Denkmalpflege der Stadt Zürich ist. Bei der «Liegenschaft AA4163» handelt es sich um einen Brunnen auf dem Zürcher Bahnhofsplatz, auf welchem eine Statue jenes grossen Mannes thront, um dessen Andenken sich obgenannter Journalist in seinem Kommentar besonders sorgt. Dass dieses gemeinhin als Alfred Escher-Brunnen bekannte Objekt als Liegenschaft bezeichnet wird, weist darauf hin, dass die Denkmalpflege sich vorwiegend mit Bauten oder Gebäudeteilen beschäftigt. Mit Dachziegeln und Türknäufen hat die Denkmalpflege sich aufgrund ihres gesetzlichen Auftrags tatsächlich öfter zu befassen, Personendenkmäler sind weit weniger ihr Geschäft.
Den einen Held – den andern Unterdrücker
Anders als inventarisierte Baudenkmäler, deren Schutzwürdigkeit zuweilen zum Zankapfel in Baustreitigkeiten wird, sind Statuen meist genuin politischer Natur. Personendenkmäler werden errichtet, um an Taten von Helden – seltener Heldinnen –, deren Eroberungen, Erfindungen und Errungenschaften für bestimmte Gruppen und Nationen zu erinnern. Über derlei Repräsentationen wird gegenwärtig global viel diskutiert. Die Rede vom «Geschichtskrieg», welcher gegen die Abbilder weisser, mächtiger Männer geführt werde, macht die Runde. Einst machtlose Gruppen, welche in diesen Figuren die historische Hinterlassenschaft von Unterdrückung und struktureller Ungleichheit erkennen, greifen diese lange Zeit unwidersprochene Heldendarstellung im Zuge ihrer gesellschaftlichen Emanzipation frontal an. Sie verlangen die Entfernung von Statuen oder legen im Extremfall gleich selber Hand an.
In Zeiten grossen Umbruchs wird regelmässig Verständnis dafür aufgebracht, dass Denkmäler reihenweise vom Sockel geholt werden. Als das wiedervereinigte Deutschland nach 1990 Lenin-Statuen und Gebäude des DDR-Regimes niederreissen liess oder als die US-Armee im Irak Saddam-Hussein-Statuen stürzte, blieb die internationale Empörung über Vandalismus beziehungsweise Zerstörung von Kulturgut weitgehend aus. Je nach Wertung der Gegenwartsereignisse scheint eine legitime Befreiung von der Erinnerung an Schmach, Schmerz und Leid das allgemeine Bedürfnis nach Kulturgüterschutz zu überwiegen.
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