Die Burg Alt-Landenberg – ein Unternehmer gräbt aus

Die Burg Alt-Landenberg war einst Stammsitz eines einflussreichen Adelsgeschlechts. Dass ihre Baugeschichte vergleichsweise gut dokumentiert ist, ist unter anderem Jakob Wolfensberger zu verdanken. Nachdem Kauf der Burgruine im Jahr 1957 führte der geschichtsinteressierte Unternehmer aus Bauma auf dem Burghügel archäologische Ausgrabungen durch, um der Geschichte der Alt-Landenberg und ihrer Bewohner auf die Spur zu kommen.

Stammsitz einer mächtigen Familie

Der genaue Zeitpunkt der Erbauung der Burg Alt-Landenberg ist nicht bekannt. Vieles spricht jedoch dafür, dass er im 12. Jahrhundert zu verorten ist. Um 1200 wurde die Burg zum Stammsitz der gleichnamigen Linie der Landenberger. Das Adelsgeschlecht stand im Mittelalter an der Spitze des Ostschweizer Adels und festigte seine regionale Vormachtstellung durch den Erwerb zahlreicher Burgen und Herrschaften zwischen Zürich und dem Bodensee sowie einer geschickten Heiratspolitik.

Familienwappen der Landenberg im Wappenbuch der rheinischen Adelsfamilie Scheibler. Die Darstellung stammt aus dem 16./17. Jahrhundert. Bild: Bayerische Staatsbibliothek.

Nach dem Aussterben der Linie der Alt-Landenberger zu Beginn des 14. Jahrhunderts wechselte die Burg mehrmals den Besitzer. 1549 gelangte sie an die Stadt Zürich, in deren Besitz Teile der zunehmend zerfallenden Ruine für Bauprojekte in der Umgebung verwendet wurden. So zum Beispiel für den Bau der reformierten Kirche in Bauma im Jahr 1651. Im Jahr 1957 erwarb der einheimische Unternehmer Jakob Wolfensberger den Burghügel und die Ruine. Auf Eigeninitiative des an Lokalgeschichte sehr interessierten Käufers begannen auf dem Areal bereits kurze Zeit später die ersten archäologischen Ausgrabungen.

Ausgrabungen in der Gründungszeit der Kantonsarchäologie

Der Beginn der Grabungen im Jahr 1958 fiel in das Gründungsjahr der kantonalen Denkmalpflege, zu deren Aufgabengebiet auch die Archäologie fiel. Zwischen Wolfensberger, welcher zunächst auf eigene Faust mit den Ausgrabungen begann, und der neu gegründeten Institution kam es zu Beginn zu teilweise hitzigen Verhandlungen um Zuständigkeitsfragen. Schliesslich konnte man sich jedoch auf eine Zusammenarbeit einigen.

Wolfensberger zog sich zu dieser Zeit gerade aus seiner Giesserei in Bauma zurück und beabsichtigte, den Burghügel für die Öffentlichkeit erlebbar zu machen, die Burgforschung durch Grabungsfunde zu unterstützen und diese in einem lokalen Museum der Öffentlichkeit zu präsentieren. Zwei Faktoren relativierten diese Ziele jedoch: Erstens gehörten seit 1912 alle archäologischen Funde im Kanton Zürich per Gesetz dem Kanton, und zweitens war durch die verschiedenen Umbauten und Erweiterungen fast das gesamte Material vom oberen Plateau als Schutt auf dem Abhang gelandet. Viele Funde befanden sich daher nicht mehr in ihrem ursprünglichen Kontext, was eine zuverlässige Datierung bis heute verunmöglicht.

Der Unternehmer und Geschichtsfreund Jakob Wolfensberger (1893–1971) bei Ausgrabungen im Jahr 1962, Fotograf unbekannt. Bild: Wolfensberger Archiv, Bauma.

Diskussionspunkt Erstbesiedlung

In inhaltlichen Fragen gingen die Meinungen von Wolfensberger und den Vertretern der Kantonsarchäologie teilweise auseinander. So etwa im Hinblick auf den Besiedlungszeitraum des Burghügels. Während eine Besiedlung des Hügels ab dem 12. Jahrhundert als wissenschaftlich gesichert gilt, begann diese nach Wolfensbergers Überzeugung bereits in der Steinzeit. Auf Seiten der Kantonsarchäologie schloss man zwar nicht aus, dass einzelne Funde aus früheren Zeiten als dem 12. Jahrhundert stammen, erkannte aufgrund der Fundsituation jedoch keine Belege für diese These.

Ein Teil der Funde von Alt-Landenberg nach ihrem Transport vom Landesmuseum Zürich zur Kantonsarchäologie im Jahr 2008. Bild: Martin Bachmann.

Wolfensbergers Leistungen rund um die Erforschung der Alt-Landenberg sind beachtlich. Mit grosser Akribie, einer eigenen regionalgeschichtlichen Bibliothek und im Selbststudium entwickelte er seine Vorstellung von der Geschichte der Landenberger und ihrer Burg und stellte sie in drei Privatdrucken dar, wovon der letzte postum erschien. Den von ihm finanzierten Ausgrabungen ist es zu verdanken, dass der Burghügel als einziger der drei Landenberger Burghügel im Tösstal erkenn- und erlebbare Burggrundrisse aufweist und dass die Burggeschichte vergleichsweise gut dokumentiert ist.

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Jakob Wolfensberger (1893–1971)
Unternehmer, Geschichtsfreund, Wohltäter
Zürich, Chronos 2023

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Verfasst von:

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Wolfgang Wahl

Wolfgang Wahl-Guyer ist promovierter Historiker und Archivar. Er betreut verschiedene Privatarchive und publiziert zu regionalgeschichtlichen Themen.

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